Konzernweite Liquiditätsplanung: “Top-Down”, “Bottom-Up” oder beides?





Planung ist „die gedankliche Vorwegnahme zukünftigen Handelns durch Abwägen verschiedener Handlungsalternativen und Entscheidungen für den günstigsten Weg“ schrieb einst Günter Wöhe in seinem Standardwerk „Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre“ und formulierte damit eine hervorragende Definition, die lässt sich ohne weiteres auf den Finanzbereich und die Planung der Liquidität übertragen lässt.

 

Als Handlungs-Maximen für den „günstigsten Weg“ können neben dem obersten Ziel der Liquiditätssicherung des Unternehmens zins-, kosten- und risikominimierende Vorgaben einbezogen werden, wie z.B. die Vermeidung von Negativzinsen und Verwahrentgelten oder die Eindämmung der Zins- und Wechselkursänderungsrisiken auf ein vertretbares Maß.

 

Voraussetzung für optimale Entscheidungen sind vollständige und richtige Ausgangsdaten. Schon deren Zusammenstellung bereitet vielen Cash Manager*innen oft Kopfzerbrechen. Während regelmäßige Ausgaben wie Löhne und Gehälter, Versicherungsbeiträge, Steuerzahlungen, Material- und Energiekosten meist gut prognostizierbar sind, lassen sich erwartete Geldeingänge, aber auch bestimmte Ausgaben nur wenig präzise einplanen.

 

Natürlich hängen Qualität und der mögliche Zeithorizont einer Planung stark von der Branche des jeweiligen Unternehmens ab. Energieversorger oder Städte und Kommunen können ihre Einnahmen und Ausgaben (in normalen Zeiten) meist recht gut planen. Überraschende Ereignisse, bedingt z.B. durch Naturkatastrophen, Rohstoffknappheiten oder die gegenwärtige Pandemie, ändern die Situation aber oft so eklatant, dass eine starre Planung auch hier falsche Entscheidungen hervorbringen würde.

 

Aus diesem Grund ist es wichtig, stets möglichst aktuelle Daten einzubeziehen und die Finanzplanung flexibel zu halten. Wann immer möglich, sollte bei der Vervollständigung auf einen automatisierten Datenimport zurückgegriffen werden. Sind Cashflows generell gut prognostizierbar, kann eine rollierende Planung unter Einbezug vorangegangener und als richtig eingestufter Werte („IST-Daten“) top-down leicht in die Zukunft projiziert werden. Manuell zu ergänzen wären dann nur noch wenige Einzel-Cashflows.

 

Der Rückgriff auf eine ausreichende Historie qualitativ hochwertiger Daten kann in weiterer Folge als Basis für ausgeklügelte Algorithmen oder den Einsatz selbstlernender neuronaler Netze zur optimierten Vorhersage im Rahmen der „Predictive Analytics“ eingesetzt werden. Auch lassen sich auf einer solchen Grundlage Kennzahlen zur Sicherheit der künftigen Zahlungseingänge, wie z.B. der „Cash Flow at Risk“, errechnen und als Steuerungs­instrument verwenden. Derartige Evaluierungen erfordern neben hoher Rechnerleistung und genügend Speicherplatz jedoch sehr solide Datenreihen, die in dem meisten Unternehmen nicht über einen ausreichenden Zeitraum vorliegen oder durch Covid-19-Auswirkungen nicht mehr als Prognosebasis zu gebrauchen sind.

 

Viel wichtiger sind daher bei einer systemgestützten Liquiditätsplanung die Möglichkeiten, die Einflüsse unterschiedlicher Faktoren wie z.B. Umsatzzahlen, Zinsänderungen, Devisenkurs- und Rohstoffpreisschwankungen auf die bisher erstellten Planungen anzuwenden und verschiedene Verläufe simulieren zu können. So lassen sich die Extreme unter besonders schlechten und besonders guten Einflüssen als „worst/best case scenario“ erstellen und dann sukzessive in Richtung des wahrscheinlichsten Verlaufs („most likely“) eingrenzen. Zur kontinuierlichen Verbesserung der Planungsqualität werden PLAN-/IST Abweichungs­analysen gefahren, die Ursachen für Abweichungen ausgemacht und geeignete Optimierungsmaßnahmen für künftige Planungen durchgeführt. Zum Befüllen der Pläne mit IST-Daten eignen sich z.B. Daten aus elektronischen Bankkontoauszügen, die automatisch übernommen, abgeglichen und den Plankategorien zugeordnet werden. Durch den Einbezug der nachweislich geflossenen Umsätze entsteht für den Cash Manager eine effektive Kontrollmöglichkeit ohne nennenswerten Zusatzaufwand.

Erschwert wird die Liquiditätsplanung vor allem durch schwankende Einnahmen, die eine verlässliche Top-down-Planung nicht zulassen. Dies liegt u.a. daran, dass Umsätze verschiedensten Einflüssen unterliegen wie z.B. Moden, den Wetterverhältnissen, dem Wettbewerb, nationalen und internationalen rechtlichen Vorschriften. Weitere Unsicherheiten ergeben sich neuerdings pandemiebedingt durch unerwartete Disruptionen in der internationalen Lieferkette, die eine flexible Planung sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite verlangen.

 

Während Devisenkursschwankungen in einer währungsdifferenzierten Planungssoftware zur Exposureabsicherung relativ einfach berücksichtigt werden können, lassen sich genaue Betragshöhen und Wertstellungsdaten bei Einzahlungen oft nicht vor deren Erscheinen auf dem Bankkonto in die Disposition einbeziehen. Bekommt die planende Stelle die Informationen über den elektronischen Kontoauszug des Vortages, kann im Hinblick auf ein optimales Liquiditätsmanagement nur noch verspätet reagiert werden. Untertägige Avise, die von Kreditinstituten elektronisch als SWIFT MT942 oder im neuen ISO 20022-XML-basierten Standard als camt.052-Datei bereit gestellt werden, bringen das Cash Management immerhin auf einen tagaktuellen Stand. Für proaktives Handeln, bei dem genügend Zeit für das Abwägen zwischen Handlungsalternativen bleibt, ist eine weitergehende Betrachtung erforderlich.

 

Hierfür werden meist Kolleg*innen in die Planung eingebunden, die dem zahlenden Kontrahenten am nächsten sind und über bessere Informationen verfügen. Erstreckt sich das planende Unternehmen über zahlreiche, ggf. auch global vertretene Vertriebsgesellschaften, macht eine Bottom Up-Planung in vielen Fällen Sinn. Voraussetzung zur Erreichung der möglichst vollständigen und richtigen Entscheidungsbasis ist allerdings die Bereitschaft und Disziplin aller Beteiligten zur Pflege der Planung.

 

Treasury Management Systeme wie Trinity versuchen die Planung deshalb für alle Anwender  so einfach wie möglich zu gestalten. Die Erfassung über das webbasierte Tool ähnelt der gewohnten Tabellenkalkulation, über den automatisch erzeugten Audit Trail bietet das System aber Revisionssicherheit und bessere Recherchemöglichkeiten. Der zuvor umständliche Versand der Informationen per E-Mail und Fehler bei der Übertragung entfallen. Stattdessen werden die Plandaten direkt in der gleichen Datenbank abgelegt und stehen anderen Usern umgehend für Auswertungen zur Verfügung. Ohne erneute Erfassung finden sich hier auch sämtliche Cashflows aus in Trinity verwalteten Finanzgeschäften, die mit externen oder internen Kontrahenten geschlossen wurden, ergänzt um Kreditlinien und bei Bedarf auf die Konzernwährung umgerechnet. Der Upload von Plan- und Ist-Daten lässt sich zentral und lokal automatisieren. Vor der Plankonsolidierung können sämtliche Datenzulieferer den Abschluss Ihrer Tätigkeit melden und dadurch Prozessstörungen in der Zusammenführung der Teilpläne vermeiden. Natürlich kann ein solches Planungssystem auch zur Abbildung interner Forderungen und Verbindlichkeiten eingesetzt werden, z.B. als Vorstufe für ein multilaterales Netting oder für Intercompany-Anfragen hinsichtlich Finanzierungen, Garantien oder Währungssicherungen.

 

Wenn alle mitspielen, bekommt das Unternehmen durch eine ausgewogene Kombination von Top Down-Vorgaben und Bottom-Up-Datenzulieferungen laufend eine sehr gute und verlässliche Entscheidungsbasis für einige Tage im Voraus. Das gibt dem Finanzmanagement aufgrund der erhöhten Transparenz und Aktualität ein sicheres Gefühl für ein aktives und passgenaues Liquiditätsmanagement. Oft wirkt sich eine ordentliche Planung auch positiv auf externe Shareholder und die Bonität des Unternehmens aus, so dass ggf. bessere Konditionen erzielt werden, die auch den unterstützenden Tochtergesellschaften zu Gute kommen können.

 

Übrigens: auch Konzerne, die stets über ausreichende Finanzreserven verfügen nutzen von Zeit zu Zeit eine direkte Finanzplanung, um Krisenzeiten wie in den letzten Monaten besser zu überstehen. Wer die Planung zu spät einführt, kann damit manchmal nur noch den Restrukturierer oder Insolvenzverwalter beglücken, was aber sicher nicht Ihr Ziel ist, oder?

 

 

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